Im Rahmen meiner Suche nach Möglichkeiten, wie man als Anfänger in das Thema BDSM einsteigen kann, habe ich ein weiteres Interview geführt. Diesmal mit einem mir bekannten Shopbetreiber, Michael von Baumwollseil.de aus Karlsruhe, der zugleich Bondage- und andere Kurse für Anfänger anbietet. Ich selbst habe einmal an einem solchen Kurs teilgenommen. Zum einen, weil ich wissen wollte, was an Baumwollseilen so besonderes ist, zum anderen, um zu wissen, ob ich diesen Kurs guten Gewissens empfehlen kann.
Ich kann ihn empfehlen. Und die anderen Kurse von Michael auch. Er erzählt leicht und locker, er kommt erfahren, aber auch lustig rüber, was die Stimmung nicht zu ernst werden lässt, und streut dabei viel Fachwissen ein, das Anfänger nicht erschlägt und auch einiges, was Fortgeschrittene noch lernen können. Auch bei Spanking kann man viel falsch machen, weshalb Michael auch dafür einen Kurs anbietet. Wenn man weitere Fragen hat, steht er aber immer für ein Gespräch und Ratschläge zur Verfügung. Vielleicht trefft ihr ihn auch auf einer der einschlägigen Messen. Sprecht ihn einfach an.
Michael, Du betreibst nicht nur einen Shop mit Baumwollseilen und allem anderen, was man als BDSMler so benötigt, sondern Du bietest auch Kurse an. Darunter Bondage für Einsteiger. Wie läuft ein solcher Kurs ab und was lernt man dort?
Ich fange an mit „Das ist ein Seil“, dann sagen die Kunden „Ach so sieht das aus“ und dann geht´s los. Nein, im Ernst … Der Anfängerkurs ist echt Bondage fürs Bett, die ist so einfach, dass man das in 3 Minuten machen kann, und eine kleine Schmuckbondage.
Ich erkläre Seilarten, Sicherheit, Ablauf einer Session und vieles mehr. Ich mache mit Sabine oder einem Modell Bondage vor, die Kunden machen das nach und wir gucken, dass es jeder kann. Wir laden 6 Paare ein, 5 Paare werden es dann. Ich habe meinen ersten Kurs 1979 gegeben, damals halt noch nicht für Baumwollseil, aber ich kann das mittlerweile recht locker :-).
Meine Leser fragen immer wieder nach Möglichkeiten, einen Einstieg in BDSM zu bekommen, ohne gleich bei einem Clubbesuch am Andreaskreuz zu stehen, während hinter ihnen jemand die Bullwhip knallen lässt. Ist da Dein neues Angebot, das BDSM-Seminar für Einsteiger, vielleicht das Richtige? Oder sollte ich da schon wissen, um was es geht?
BDSM ist ein so riesiges Gebiet, da weiß jeder was und keiner alles. Man muss nichts wissen für das Seminar, wenn man Fragen hat, dann her damit. Ich versuche der Komplexität Herr zu werden und den Kunden einen Überblick zu vermitteln, Anstöße zu geben und Fragen zu beantworten. Niemand kann das ganze Gebiet abdecken. Ich lasse auch hier die Teilnehmerzahl klein genug, damit ich auf Fragen von jedem Kunden eingehen kann.
Ich möchte, dass die Leute gehen und sich sicherer fühlen auf ihrem Gebiet und in dem was man BDSM-Allgemeinwissen nennen kann. Das Ganze dann garniert mit ein paar Empfehlungen aus den eigenen Erfahrungen.
Viele BDSMler werfen nur so mit Fachbegriffen um sich. Einem Neuling klingeln dann meist die Ohren. Schon der Begriff BDSM ist ja recht komplex und muss aufwändig erklärt werden. Machst Du das auch? Ist dann die Rede von Shibari, Petplay oder Feminisierung?
Früher kamen solche Fragen öfter, heute googlen die Leute das eher selbst. Was benötigt wird, ist Hintergrundwissen, das man sich nicht anlesen kann und das wir von zahlreichen Kontakten uns erarbeitet haben. Je exotischer ein Gebiet, umso schwerer ist der Einstieg.
Oft genug bin ich aber mehr damit beschäftigt, Fehlinformationen aus dem Web richtig zu stellen. Leider posten manche Leute ihr Kopfkino als „reales Erlebnis“, andere Leute glauben das und verletzen sich ernsthaft, weil sie diesen erfunden Geschichten glauben.
Eines meiner absoluten Fachgebiete ist das Tragen von Keuschheitsgürteln, ein Gebiet in dem man 95% Geschichten findet und 5 % Wahrheit. Eine üble Falle für Neueinstieger.
Du bietest sogar einen Kurs „Spanking“ an. Nutzt Du die Gelegenheit, endlich mal schlagen zu dürfen? Oder dürfen Deine Besucher alles an einem willigen Opfer ausprobieren?
Ich komme zwar privat wirklich nicht so oft zum Schlagen wie ich möchte, aber da hilft der Kurs leider nicht.
Es melden sich ja immer genug Frauen, die der sogenannte „Hintern des Abends“ sein wollen, das heißt, an denen zeige ich dann all die Schlaginstrumente. Es ist aber keine Session in dem Sinne, ich schlage ja mit jedem Teil nur ein bis zwei Schläge und passe mich dabei dem Level der Kundin an. Der Hintern des Abends hat definitiv am meisten von dem Kurs, das kommt durch das Feedback klar heraus. Schlagen zum richtig Spaß haben mache ich jedoch nur zuhause mit meiner Frau, wir spielen beide nicht fremd.
Die Kunden, die als Paare kommen, haben gegen Ende des Kurses die Gelegenheit, Schlaginstrumente gegenseitig zu testen, auf Wunsch auch ohne dass andere Kursteilnehmer dabei sind, wenn jemand das gar nicht anders kann.
Für Leute die solo kommen, einen Hintern zum Schlagen anzubieten, ist in den heutigen Zeiten der rechtlichen Absonderlichkeiten ein Problem, das ich nicht aufdröseln möchte, daher nehme ich vorsichtshalber davon Abstand.
Du bist selbst BDSMler. Dazu bist Du Geschäftsinhaber. Kommen häufig Leute zu Dir und fragen Dich, wie sie denn den Einstieg in die Szene finden? Wenn ja, was sagst Du ihnen?
Ja die Frage haben wir zumindest im Shop vor Ort jeden Monat einmal. Heute ist es mehr die Frage: „Wo können wir noch auf Partys spielen gehen?“
Einstieg in die Szene … Nun es gibt die einschlägigen Foren, die großen wie die Sklavenzentrale und Fetlife, sowie zahllose kleinere Foren, die allgemein gehalten sind oder sich auf ein kleines Thema konzentrieren. Wer sehr enge Interessen hat, ist in einem Spezialforum sicher besser aufgehoben. Ich habe mich wegen Zeitmangels aus allen Foren mehr oder weniger zurückgezogen, daher habe ich da keinen so ganz genauen Überblick mehr. Sabine leitet ja sogar noch ein Forum, in dem jeder Beitrag zuerst gelesen und dann einzeln freigeschaltet wird. Ein leichterer Einstieg sind mittlerweile Foren wie der Joyclub, bei denen BDSM zwar existiert, jedoch nicht zwingend im Vordergrund steht, damit kommen Anfänger oft besser klar.
Die Sklavenzentrale listet, auch ohne das man angemeldet ist, alle Stammtische leicht find- und sortierbar auf, ein, zwei Stammtischbesuche sollte man als Anfänger gemacht haben um zu sehen, ob das etwas ist, was einem gefällt. In den meisten Gegenden findet man in erreichbaren Umkreis mehrere Stammtische, damit man einfach mal sehen kann, ob man einen Treff findet, der einem gefällt. Ich war eine Zeitlang Stammtischleiter der Dark Friends Karlsruhe und habe mich dabei sehr um Neulinge bemüht, mein Mangel an Freizeit lässt auch das schon lange nicht mehr zu.
Was kann man als Anfänger noch tun außer Stammtische und Foren? Playpartys sind leider viel seltener geworden als früher und oft nur für Paare zugänglich oder erschwinglich. Sabine und ich haben momentan gerade mal noch einen einzigen Event, auf den wir mehr oder eher weniger regelmäßig gehen, das Angebot im Großraum Karlsruhe ist sehr klein geworden im Vergleich zu vor zehn Jahren.
Für Paare ist der Besuch einer Playparty etwas, das einem zumindest einen Einblick in die Bandbreite des BDSM bietet, man kann viel sehen, ist aber zu nichts gezwungen und kommt leicht in ein Gespräch. Der einzelne Herr muss einen oft sehr teuren Eintritt bezahlen, die einzelne Dame ist der Wunsch aller Partyveranstalter und ist überall willkommen.
Alternativ haben die meisten Swinger-Clubs mittlerweile mindestens einen SM-Raum und bieten Partys, die in die Richtung gehen. Auch hier einfach versuchen, in ein Gespräch mit Gästen zu kommen, erweitert den Horizont und eventuell den Bekanntenkreis.
Kann man in Deinem Shop oder während einem Deiner Kurse auch andere BDSMler kennenlernen?
Wir haben ja nur den ersten Samstag im Monat offen von 10 bis 13 Uhr und eben jeden Donnerstag und Freitag von 16 bis 20 Uhr. Dadurch konzentriert sich der Besucherstrom auf diese 8 Stunden die Woche. Man trifft also im Shop durchaus andere Menschen, dazu haben wir ja auch die Kaffeebar mit Sitzgelegenheit, wo man bei einem kostenlosen Kaffee miteinander ins Gespräch kommen kann. Viele Leute kamen schon als Kunden und waren dann donnerstags nach dem Shop bei unserem Stammafrikaner zum Essen als Freunde. Mehr als ein Mitarbeiter hat als Kunde bei Baumwollseil.de angefangen.
In den Kursen werden oft Handynummern oder Emailadressen ausgetauscht, das bekomme ich fast jedes Mal mit. Man muss halt den Mut haben, es gleich zu tun. Ich habe immer wieder Mails, in denen ich gefragt werde, ob ich Kontakt zu dem Paar aus Buxtehude herstellen kann, mit denen man vor 6 Monaten im Kurs war. Das ist dann oft gar nicht mehr herausfindbar.
Ich war schon selbst bei einem Deiner Workshops, weil ich wissen wollte, was Du da machst. Du schwörst auf Baumwollseile. Kann man das, was man in dem Workshop lernt, auch mit allen anderen Seilen nachspielen?
Mittlerweile gibt es ja viel mehr Kurse, Bondage für´s Bett, also der Grundkurs und für Fortgeschrittene, BDSM-Kurse, Spanking, Folie + Tape-Bondage und einer meiner Angestellten ist Rigger und bietet selbst Shibarikurse an in Speyer. Ich gehe mal vom Grundkurs aus für diese Antwort.
Baumwollseil ist eine Option, keine Notwendigkeit. Ich stelle alle Arten von Seilen vor und wir stellen ja auch alle Seilarten und Qualitäten her und bieten Vielfalt.
Der Anfängerkurs ist auf Baumwollseil zugeschnitten und zumindest eine der Fesselungen ist speziell von uns genau für das weiche Seil entwickelt worden, dennoch kann man alles was man lernt, auch mit Hanf, Jute oder Leinenhanf machen.
Jedes Seil hat seine Einsatzgebiete und seine Stärken und Schwächen. Baumwollseil ist leicht waschbar und aufgrund der Nachgiebigkeit anfängergeeignet. Die anderen Seile sind beim Waschen und Trocknen schwieriger und geben halt gar nicht nach. Jedes Seil hat seinen Zweck und seine Fans.
Und zuletzt die Frage alle Fragen: Was tue ich, wenn ich das alleine ausprobieren möchte? Einfach um zu sehen, wie das so ist … Stellst Du einen Partner zur Verfügung oder machst Du eine „Börse“ für Singles?
Ich könnte mit einer Singlebörse wohl durchaus Geld verdienen, aber das ist nicht mein Job. Wenn ich von den Nachfragen ausgehe, habe ich deutlich mehr Paare als Singles.
Singles in Kurse zu integrieren ist eine Herausforderung. Wir haben früher aus dem Freundes- und Kundenkreis Leute gesucht um die Kurse zu Pärchen aufzufüllen.
Eine einzelne Frau und einen einzelnen Herren, die beide als Teilnehmer kommen und die miteinander üben sollen, ohne sich zu kennen, das möchte ich niemanden zumuten.
Da wir mittlerweile deutlich mehr und in schnellerem Abstand Kurse anbieten mussten wir etwas tun um die Freundlichkeit der Helfer nicht auszunutzen und diese zu überlasten.
Kurse wie Spanking und BDSM erfordern keine Partner. Der Bondage-Grundkurs ist der Kurs, bei dem das Partnerproblem am deutlichsten zu Tage tritt. Wir nehmen hier zu den fünf Paaren eine Einzelperson dazu, die dann die Wahl hat, dass ich dann den gleichen Preis nehme wie für Paare, mit diesem mehr Geld buche ich dann ein Model, das den Kurs mitmacht oder jemand nimmt als Einzelperson zum Einzelpreis teil, dann zeige ich an dem-/derjenigen die Fesselungen, die ich beibringen möchte. Zusammen mit dem Manual das es zum Kurs gibt, reicht das aus, um den gewünschten Lerneffekt zu erzielen.
Dadurch sind die Plätze für Singles zumindest im Bondagekurs begrenzt, aber ich muss dann auch keine Leute nötigen, mit Partnern zu arbeiten, die sie vielleicht nicht mögen.
Ich danke Michael für seine Geduld mit meinen „Anfänger“-Fragen und die Zeit, die er sich genommen hat. Besucht doch mal seine Seite Baumwollseil.de. Natürlich ist es toll, direkt vor Ort einzukaufen, aber ich empfehle auch den Online-Shop für alle, die einmal diese Art Seil ausprobieren wollen. Die Termine für die Workshops gibt es hier, aber auch im Joyclub. Michael steht für Fragen gerne zur Verfügung, das kann ich versichern.
Und für alle, die mal wieder eine Geschichte lesen wollen, in der es (auch) um Bondage geht: Wie wäre es mit Love Me – The Hard Way? Luke fesselt Emma auch gerne, mit ganz unterschiedlichen Seilen oder Tüchern.