Festivalsex

Josy bebt im Takt der dröhnenden Musik. Sie steht seitlich eines Lautsprechers, der Dezibel weit über jedes gesunde Maß ausspuckt. Festival. Das muss so sein. Sie findet die Stelle super, das Wummern der Bässe durchläuft ihren Körper, übertönt beinahe die schrillen Riffs.

Metal, irgendeine Band. Josy und ihre drei Freundinnen sind schon den zweiten Tag hier und schweben auf leicht alkoholgetränkten Wattebäuschen inmitten der Akkorde. Nicht so stark besoffen wie die meisten Männer, gerade genug, damit sie sich nicht am Dixiklogestank und der undefinierbaren Matsche unter ihren Stiefeln stört. Und nicht an Benjamin denkt, den blöden Ochsen, der nicht mitkommen wollte.

Zu dreckig. Klar, alles zu dreckig für ihn, die Musik, das Zelten, selbst sie. Auch ihr Mund hinter den Mülltonnen nach der Schule. Warum nicht ihr Arsch? Das einzig Dreckige ist ihm sauber genug.

„Lass uns weiter nach vorne gehen!“, schreit Svenja ihr ins Ohr.

Ein Nicken, ein Schulterzucken. Josy folgt, wie immer. Svenja führt die Reihe an, schiebt sich bulldozermäßig durch die Menschen und sorgt für eine schmale Furche in den Massen, gerade genug, sich entlang tätowierter Arme, dem ein oder anderen Achselgestrüpp unter hochgereckten Pommesgabeln oder verschwitzter T-Shirts zu schieben. Geruch von Dreck, Rosenduft für ihre Nase. Testosteron, wie sie aus dem Biounterricht weiß.

Klar ist das Gedränge dichter, je näher sie an die Bühne kommen und irgendwann läuft selbst Svenja gegen eine Wand, die sich nicht öffnen lässt.

Die Körper schlucken Josy wie Amöben ihre Beute. Anne, eben noch vor ihr, verschwindet hinter dem Rücken eines Riesen. Damit ist jeglicher Blick auf die Bühne versperrt, aber wer braucht das schon. Metal muss man nicht hören, sondern fühlen.

Sie fühlt noch viel mehr als Musik. Mehr als Vibrationen. Druck der anderen Körper. Ihre Brust wird unangenehm gequetscht, als ein Ellbogen sich in sie bohrt. Eine Hand an ihrem Hintern. Unter dem Rock.

Das mit der Brust wird gleichgültig, als sich die Hand bewegt, sich zielgerichtet unter dem Slip durch ihre Furche schiebt, über ihr Arschloch gleitet und zwischen den Schamlippen verschwindet. Dicke Finger, raue Kuppen, wulstige Glieder. Die Finger in ihr treffen auf ihre Feuchte, die aufflammt wie das Lagerfeuer gestern Nacht nach der halben Flasche Spiritus.

Cool. Festivalsex. Irgendjemand hat mal davon erzählt, dass so was passieren kann, auch wenn niemand es wirklich erlebt hat.

Sie versucht, sich umzudrehen, um den Mann zu finden, der sie auserkoren hat. Eine Hand drückt sich seitwärts an ihre Wange und lenkt ihr Gesicht zurück in Richtung Bühne. Unmissverständlich.

Für einen Augenblick flammt Unbehagen und ein Anflug von Furcht auf. Wenn es nun ein alter Kerl ist, hässlich wie die Nacht? Was sagen die Mädels dazu? Eigentlich sollte es ja gleichgültig sein. Oder? Außerdem ist eh keine von ihnen zu sehen und später, am Lagerfeuer, kann sie sich das Aussehen zusammenspinnen, wie sie will. Scheißegal.

Immerhin weiß er, was er tut. Sein Finger drückt auf die richtige Stelle, ein anderer rubbelt über die Klit. In dem Moment, in dem Josy sich fallen lässt, übernimmt der Körper die Regie. Ihr Hintern drückt sich in Richtung des Mannes hinter ihr, die Schenkel versuchen, die Hand zu greifen und festzuhalten.

Er pumpt stärker, fester, beinahe zu fest. Wieder werden Josys Brüste an den Vordermann gedrängt, zum Glück an dessen breiten Rücken und nicht an einen Ellbogen. Gar nicht so schlecht. Druck. Stimulation. Ersatz für Hände.

Noch enger schließen sich die Körper um sie. Ihre Hände, die sich instinktiv nach unten bewegen, unklar, ob zur Abwehr oder zum Helfen, werden eingeklemmt zwischen Jeansärschen und einem kratzigen Reißverschluss, kreisenden Hüften und verschwitzten Armen.

Soll sie nicht doch nachschauen?

„Nicht umdrehen!“ Eine vom Schreien heisere Stimme, eine von Tausend.

Sie gehorcht. Vielleicht einfach besser so.

„Du willst es?“ Mischung zwischen Frage und Befehl.

Ein Nicken. Mehr ist nicht nötig.

Warmes Fleisch an ihren Labien, weicher als zuvor. Es zwängt sich zwischen sie, in sie. Verdrängt die geschwollenen Lippen, teilt ihre aufgeweichte Spalte, angefeuchtet und bereit für den Eindringling. Ruckeln, Pressen, größer als Ben, zugleich härter. Grapschende Hände an ihren Hüften, die Druck machen, sie nach hinten und unten bewegen, bis er ganz in ihr ist, oder zumindest so weit wie möglich. Tiefer als gewohnt, weniger schmerzhaft als üblich. Runder Mund, ein Oh, aufgerissene Augen.

Er gleitet zurück, entzieht sich ihr. Sie folgt, versucht mitzukommen, obwohl der Körper weiß, dass das Anlaufnehmen dazugehört.

Vorstoß. Reinrammen, anstoßen. Ah!

Ein Fick, hart und schnell und gerade deshalb so heiß. Josy bricht der Schweiß aus, der Alkoholnebel davongeweht, stattdessen Körperausdünstungen überall um sie herum. Männerkörper, Männergeruch. Ihre Brüste reiben bei jedem Stoß an einem Rücken, dann an einem dicken Arm, dann an einer Brust. T-Shirt, Jeansweste drüber. Raue Knöpfe, die über ihre Wange schubbern. Au!

Eine Hand zieht die Knopfleiste weg, nur noch Stoff und Muskeln, warmer Körper, Schweiß. Gut, der Männerschweiß. Hände auf den Brüsten, die kneten, kneten, kneten. Drücken, suchen die Nippel unter dem BH, quetschen.

Reden um sie herum, nicht mehr das Gebrüll im Takt, eher Murmeln, leiser als die Musik, die nur noch im Ohr rauscht, unverständlich. Sie nickt, lächelt, grinst, dann zurück zum Ah und Oh, Worte irgendwo im Matsch vergraben wie ihre Hände im drecksteifen Jeansstoff. Der Mann vor ihr löst sie, legt sie tiefer auf seine Hüften, zieht ihren Körper nach unten. Ihr Mund, immer noch zu einem großen Oh geformt, groß genug, das warme, würzige Fleisch aufzunehmen, das wie von selbst in sie gleitet, nach hinten, bis an den Rachen.

Würgen, Luft schnappen, anstoßen. Nicht im Mund, sondern unten, in ihrem Bauch. Tiefer jetzt als vorher, vielleicht auch dicker, auf jeden Fall schlüpfriger. Nippel werden geknetet, Hände verschließen die Ohren, was aus dem Wummern ein Pulsieren werden lässt, ihr Kopf wird geschoben und gehoben, vor, zurück, auf, ab. Warme Flut in ihrem Mund, salzig, dann muffiger, aber scheißegal, nicht so schlimm wie der Matsch im Mund letzte Nacht, als sie umgefallen war nach einem Schnaps zu viel. Heute kein Matsch, was Besseres, das man schlucken kann, nicht ausspucken muss. Ginge auch gar nicht, weil Fleisch im Mund. Saugen und lecken, wieder Salz auf der Zunge und Wärme und immerhin was zu essen für ihren Bauch. Hunger hat sie. Freut sich über die Mahlzeit, besser als Würstchen, denkt sie, lässt sich füttern und füllen, oben und unten, immer wieder und noch einmal mehr.

Als ihre Knie nachgeben, packt einer sie und trägt sie weg. Kratzige Knöpfe an der Schläfe. Schweben in der Musik. Bässe im Bauch, Spermalächeln im Gesicht. Schmutzige Hände um einen haarigen Nacken.

„Schlaf! Wir kommen später. Wenn du dann noch da bist …“

Sie hört das Ende nicht mehr. Träumt schon.

Festivalsex. Gar nicht so schlecht.

Wer spielt? Scheiß egal.

Ach ja. Da waren sie auch.

Geil. Und dreckig.

Genau richtig.

Fotos: ©InConcert – depositphotos.com / ©Immfocus – depositphotos.com

4 Gedanken zu “Festivalsex

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