Blöde Party. Millionen Worte, alle ohne Inhalt. Worüber sollte man auch reden mit den Kollegen? Politik, Religion, überhaupt Meinungen? Nein, auf keinen Fall. Die Arbeit? Das taten sie jeden Mittag in der Pause und wann immer sie sich irgendwo begegneten. Persönliches? Warum sollte sie mit Kollegen über persönliche Themen sprechen? Das ging die doch gar nichts an.
Das alljährliche Fest war eine Qual, durch die sie durchmusste. Besonders hasste sie die zweite Hälfte. Die Chefs gingen früh, und ab da ging alles den Bach runter. Zu viel Alkohol, zu viel Geschwätz, Gehetze, Intrigen. Lieber verschwand sie auch und bot ihnen Gelegenheit, sich die Mäuler zu zerreißen. Weil sie sich nicht integrierte. Weil sie nicht mitmachte bei gemeinsamen Lottospielen und Geburtstagssammlungen und Krankenkarten. Weil sie sich anders kleidete, anders schminkte, anders sprach.
So war das in einer Kleinstadt, kaum mehr als ein großes Dorf. Sie mit ihren kurzen Röcken, hohen Absätzen und tiefen Dekolletees passte nicht hierher. Hätte sie das früher gewusst … Egal, noch zwei Jahre durchhalten, dann konnte sie mit genug Erfahrung aufwarten.
An ihrer Bushaltestelle stand jemand, eine dunkle Figur im Schatten, nicht zu erkennen, ob Mann oder Frau. Erst beim Näherkommen erkannte sie unter der Kapuze den Bart. Etwas jünger als sie, vielleicht Anfang zwanzig.
Sie stellte sich so auf, dass sie ihn im Auge behalten konnte, zumindest aus dem Augenwinkel heraus. Mehr aus Gewohnheit, als aus echter Sorge. Frauen mussten auf Männer achten, mussten frühzeitig abschätzen, ob sie eine Gefahr darstellten oder harmlos waren.
Bei diesem war sie nicht ganz sicher. Seine Größe und die Breite seiner Schultern gehörten in die Kategorie „Gefahr“, aber sein Verhalten nicht. Er betrachtete sie aufmerksam, aber nicht bedrohlich, nicht wie ein Opfer.
Gut. Oder?
Ihre Fantasien schalteten sich ein, wie ein Fernseher, der von alleine zum Leben erwacht. Vielleicht wegen seiner Figur, sie mochte großgewachsene, muskulöse Typen.
Sie sah, wie er auf sie zukam, sie mit seinem großen Körper an die Plexiglaswand der Bushaltestelle presste und ihr ohne Zögern unter den Rock fasste. Sie roch ihn, schmeckte seine Lippen auf ihrer Haut, den Bart auf ihrer Oberlippe, fühlte den weichen Stoff der Kapuze über ihre Wange streifen.
Dann seine Hände. Kein Zögern. Er drang in sie ein, mit zwei oder drei dicken Fingern, nach vorne gekrümmt, auf der rauen Stelle, dann gespreizt tastend und zuletzt, endlich, pumpend, schnell und hart, jedes Vordringen ein Schlag auf ihre Klit. Ähnlich einem Experiment im Biologieunterricht beobachtete sie ihre Reaktionen. Die Nippel hart, die Brüste schwellend und kribbelnd. Wärme und Feuchte und ein Schaudern. Gänsehaut, Keuchen, das rasante Schlagen ihres Herzens. Mehr Feuchtigkeit, bis hin zu Nässe, als er nicht aufhörte, bei jedem Vorstoßen ihren G-Punkt zu reizen.
„Gina.“
Sie schrak auf. Kapuzenmann hatte sich keinen Zentimeter von der Stelle gerührt. Stattdessen stand einer neben ihr, den sie vage erkannte. Einkauf. Einen Kopf größer als sie, Jeans und T-Shirt mit Rockband-Emblem. Wie hieß er doch gleich? Ro-irgendwas, vielleicht Ronald oder Robert oder … egal, nur einer aus der Masse.
Sie nickte, mehr hatte sie nicht übrig für ihn.
Ein Lichtschein. Der Bus kam um die Ecke. Gina stieß sich von der Wand ab, an der sie gelehnt hatte.
Der Kollege benutzte zum ersten Mal den Bus, vielleicht als Vorsichtsmaßnahme gegen zu hohen Alkoholgenuss. Die anderen fuhren nur ihre blöden Karren, egal ob nüchtern oder betrunken. Gina war es recht, sie fuhr Bus aus Prinzip. Warum sollte jeder alleine fahren, wenn es auch umweltfreundlich ging?
Der Kapuzenkerl ging ganz nach hinten, also setzte Gina sich in die Reihe vor dem mittleren Ausstieg. Ans Fenster. Was sich als Fehler erwies, da so ein Platz für Ro-irgendwas freiblieb. Klar, der musste sich zu ihr setzen.
Sie schaute demonstrativ aus dem Fenster und richtete kein Wort an ihn. Stattdessen versuchte sie, wieder in den Film von eben einzutauchen.
Ein Geruch hielt sie davon ab. Sein Geruch. Oder zumindest etwas, das seine Jacke ausströmte. Bier. Ihr Blick zuckte zu ihm. Wieso roch er so intensiv nach Bier? Das Naserümpfen kam automatisch und ungewollt.
„Hat mir einer übergekippt.“ Rouven, eben fiel ihr der Name wieder ein, lehnte sich halb in den Gang und streifte die Jacke ab, die er sich dann über den Schoß legte. „Tut mir leid. Ich rieche wie eine Brauerei.“
Hm. Das stimmte nicht ganz. Jetzt, wo der überlagernde Geruch gedämpft wurde, roch sie ihn. Ein Aftershave oder Parfüm, Sandelholz, Zitrus, irgendwas Herbes. Nicht schlecht.
Seine Wärme drang durch ihren Mantel hindurch. Weil sein Arm ihren berührte. Fest und muskulös, ein wenig zu nah, ein wenig zu intim.
„Wie weit fährst du?“
Sie wollte nicht antworten, tat es aber doch, wenn auch nur vage. „Nicht weit.“ 14 Minuten bis zur Endstation, um genau zu sein. Musste er ja nicht erfahren. Trotzdem schaute sie zu ihm hin, wollte wissen, wie er auf ihre Ablehnung reagierte. Sie störte ihn nicht, ein schwaches Grinsen, dann leckte er sich über die Lippen.
Ginas Muskeln zogen sich zusammen. Der Film ging weiter, aber jetzt trug der Mann vor ihr keine Kapuze mehr.
Konnte er ihre Gedanken lesen? Oder hatte sie mehr gesagt, als sie wusste? Verriet ihr Schweigen ihre Träumereien? Seine Hand legte sich auf ihren Unterleib, wanderte nach unten, schob den Rock beiseite und glitt wieder nach oben. Ein Finger auf ihrem Schlitz, eine Umrundung ihrer feuchten Klit, ein Eintauchen in ihre Nässe. Der Arm drückte fester, presste sie an die Wand neben ihr, sein massiver Oberschenkel in ganzer Länge an ihrem. Das wohlige Gefühl, übermannt zu werden. Ein warmer Körper um sie herum und ein Teil davon in ihr.
Ein Räuspern von hinten. „Brauchen Sie Hilfe?“
Gina drehte sich mühsam um. Rouven ließ ihr kaum Platz. Kapuzenmann stand da und schaute sie besorgt an. Ihr Blick senkte sich, bis er in Rouvens Augen gefangen wurde. Er sagte nichts, und sie war versucht, es ihm gleichzutun, aus Angst, den Zauber zu zerstören.
„Wollen Sie, dass ich Ihnen helfe?“
Sie lächelte. Zum ersten Mal heute Abend.
„Nein. Danke.“
Und öffnete ihre Schenkel ein Stück weiter.
Foto: ©yamonstro – depositphotos.com
Eine schöne Geschichte! 🙂
Allerdings bin ich ein wenig überrascht über die Zurückhaltung des Kapuzentyps. Wenn er wirklich glauben sollte, dass Gina Hilfe braucht, würde der bestimmt nicht erst zweimal nachfragen. Aber wer weiß, vielleicht war das ja seine Art zu fragen, ob er nicht vielleicht noch mitmachen kann 😉 .
Lieber Michael,
die meisten Männer heutzutage sind nicht so entschlossen …
Da ist das Nachfragen schon ultramega-Einmischung!
Hm, mag sein. Ich allerdings hoffe zumindest, dass ich anders reagieren würde, wenn ich Sorge hätte, dass eine Frau gerade Opfer eines Übergriffs wird.
Zum Glück ist das bis jetzt reine Spekulation.