Meine Kurzgeschichte „Morgenritual“ habe ich schon vor einiger Zeit veröffentlicht. Einige Leser baten immer wieder um eine Fortsetzung. Nun, sie ist in Arbeit.
Für Neugierige habe ich mich entschlossen, hier den Anfang einzustellen.
Die heile Welt von Chef und Sekretärin kann nicht ewig so weitergehen. Es kommt, wie es kommen muss. Was der Personalchef allerdings mit der willigen Sekretärin vorhat, wird noch nicht aufgelöst.
Vor fünf Minuten war sie von der Toilette auf ihren Platz zurückgekehrt und der Computer endlich bereit, das Mailprogramm geöffnet. Noch erhitzt von ihrem heimlichen Orgasmus, obwohl sie das Gesicht mit kaltem Wasser gewaschen hatte. Nach dem Morgenritual dauerte es immer eine Weile, bis sie sich ganz auf die Arbeit konzentrieren konnte.
Die erste Pflicht lautete, die E-Mails zu kontrollieren. Spam musste aussortiert, dann die wichtigen Nachrichten ausgedruckt und zugeordnet werden. Eine Aufgabe, die kaum Denken erforderte, also bestens geeignet, um in den Büroalltag hineinzufinden.
Die Tür, die vom Flur in ihr Vorzimmer führte, öffnete sich. Ein Unbekannter trat ein. Wie unhöflich! Warum klopfte er nicht an? Sollte sie ihn darauf aufmerksam machen?
Der Mann kam ihr zuvor. „Guten Morgen, Frau Kramer. Sie sind doch Frau Kramer, Leah Kramer? Darf ich mich vorstellen? Ich bin Jürgen Weber, der Neue.“
Sie starrte ihn verständnislos an, dann endlich sackte die Information. Natürlich! Der neue Personalchef hatte bereits letzte Woche seinen Dienst angetreten. Sie hatte die Notiz als unwichtig beurteilt, da sie praktisch nie das Personalbüro besuchte. Hier in der Rechnungsabteilung blieben sie unter sich, nur ihr Chef, Herr Hartmann, und sie. Leah machte die postorgasmische Verwirrung für ihre langsame Reaktion verantwortlich.
„Guten Tag, Herr Weber.“ Herr Hartmann würde keine Begeisterung aufbringen für die Störung. Er hasste es, wenn Abteilungsleiter unbedingt mit ihm konferieren wollten. Soweit möglich erledigte er alle Besprechungen am Telefon. Einer der Gründe, warum Leah so wenig Kontakt zu den anderen Mitarbeitern hatte. Sie kannte von den meisten nur die Stimme. Außerdem machte er auch ohne Anweisung klar, dass er von ihr Zurückhaltung erwartete und keine Verbrüderung mit Kollegen.
„Entschuldigen Sie bitte, Herr Weber, aber Herr Hartmann möchte zurzeit nicht gestört werden. Wenn Sie ein Gespräch wünschen, richte ich es ihm aus. Er wird sich dann mit Ihrem Büro in Verbindung setzen, sobald er Zeit erübrigen kann.“
„Frau Kramer, ich will nicht zu ihrem Chef. Ich möchte mit Ihnen sprechen. Sie können bestimmt ein bisschen Zeit für mich erübrigen.“
Sie lief rot an. Seine Stimme hatte diesen Unterton, der besagte, dass sie es nur nicht wagen sollte, ihm zu widersprechen. Einen Unterton, den sie bisher nur von ihrem Chef kannte.
„Was kann ich für Sie tun?“ Sie blieb höflich, aber distanziert.
„Nun“, Herr Weber machte eine Pause, drehte sich suchend um und zog einen der ungenutzten Besucherstühle heran, den er vor den Schreibtisch stellte. Während er sich setzte, fuhr er fort. „Frau Kramer, ich habe mir Ihre letzte Arbeitszeiterfassung angeschaut. Dann die Vorletzte und die davor. Ich musste feststellen, dass Sie zu einer Zeit anfangen, zu der noch niemand im Haus ist. Können Sie mir das erklären?“
Die Röte breitete sich vermutlich über ihr Dekolleté aus, so wie es sich anfühlte.
„Herr Hartmann wünscht, dass ich früh da bin, da er selbst es vorzieht, zeitig die Arbeit aufzunehmen.“ Sie hatte einen Einfall. „Vor Beginn der Bürozeiten ist er ungestört und kann sich besser konzentrieren. Das Gleiche gilt natürlich auch für mich.“
„Frau Kramer, es liegt mir fern, Sie oder Ihren Chef an der Arbeit hindern zu wollen. Aber außer der Tatsache, dass Sie besonders früh anfangen, stellte ich noch fest, dass sie erst zu dem üblichen Arbeitsende aufhören. Das bedeutet, dass Sie jeden Tag beinahe eine Stunde länger bleiben als Ihre Kollegen. Wie Sie sicherlich wissen, sammelten Sie auf diese Weise bereits eine erhebliche Zahl von Überstunden an. Nun obliegt es mir als Zuständigem zu klären, ob das nötig ist. Und was geändert werden muss, um die Entstehung von Überstunden zu verhindern. Können Sie mir hierzu Auskunft erteilen?“
Sie rutschte auf dem Stuhl herum, der ihr jetzt reichlich unbequem erschien. „Sie könnten das mit Herrn Hartmann besprechen?“ Sie hörte ihrer Frage an, dass sie dabei an die Folgen dachte. Wenn sie dem Chef unnötigerweise den Personalchef auf den Hals hetzte, müsste sie es nach aller Wahrscheinlichkeit am Samstag büßen. Und heute war bereits Donnerstag.
Herr Weber schüttelte den Kopf. „Aber Frau Kramer, ich bin sicher, dass Sie mir selbst erklären können, was Sie hier tun.“
Sie schluckte schwer. Wie konnte sie ihm erzählen, was sie morgens im Büro des Chefs tat? Sie hatte noch den Geschmack seines Ejakulats auf der Zunge. Einen Moment lang stieg eine Art Hysterie in ihr auf bei der Vorstellung, wie sie dem Neuen genau beschrieb, was sie unter dem Schreibtisch tat. Sie musste sich zusammenreißen! Sie zwinkerte heftig, um ihre Augen wieder ernster erscheinen zu lassen.
„Nun, Herr Hartmann, mein Chef, bat mich vor geraumer Zeit, doch morgens früher zu kommen, da er es vorzieht, in Ruhe zu arbeiten. Ich schlug ihm diese Bitte nicht ab. Ich stehe ihm zur Verfügung, wenn er mich braucht.“ Beinahe hätte sie gekichert, aber sie konnte es unterdrücken, indem sie die Lippen fest zusammenpresste.
„Das erklärt noch nicht, warum Sie dann nicht abends einfach früher gehen. Sind diese Überstunden wirklich nötig? Haben Sie so viel zu tun?“ Sein Blick glitt über ihren leeren Schreibtisch.
Leah hatte es sich angewöhnt, den Arbeitsplatz genauso ordentlich zu halten wie ihr Chef. Seit der Einführung des Morgenrituals, nein, eigentlich schon seit Beginn der Tätigkeit für ihn, setzte sie alles daran, ihm zu gefallen. Nachdem er an den Wochenenden die Vergehen, die sich während der Woche angehäuft hatten, mit ihr abrechnete, arbeitete sie noch akkurater und penibler.
Vor vierzehn Tagen hatte sie einen Anruf durchgestellt, der sich als Werbegespräch erwies. Der Anrufer hatte sich als Mitarbeiter einer Bank ausgegeben, wollte aber nur Geldanlagen verkaufen. Sie hatte ihn nicht durchschaut – und dies büßen müssen. Zuerst hatte sie auf dem harten Küchenboden gekniet mit einem alten Telefon auf den ausgestreckten Händen, während er sie missachtete. Dann, als das Gewicht die Arme nach unten gezwungen hatte, hatte sie dafür ihre Strafe erhalten in Form von zehn Schlägen mit dem altertümlichen Hörer auf den nackten Hintern. Sie hatte noch zwei Tage später die Abdrücke der Sprechmuschel im Spiegel erkennen können.
Wie sollte sie aber Herrn Weber davon überzeugen, dass sie ausgelastet war? „Ich sortiere als Erstes morgens die E-Mails aus, danach hat Herr Hartmann meist schon mehrere Bänder diktiert, die ich schreibe, korrigiere und ihm zur Ansicht vorlege. Dann …“
„Frau Kramer, ich glaube Ihnen gerne, dass Sie etwas tun. Obwohl es mich wundert, dass Sie jetzt“, hier schaute er demonstrativ auf seine Uhr, „eine halbe Stunde nach Arbeitsbeginn, immer noch mit dem Sortieren der Mails beschäftigt sind.“
Ihr wurde heiß. Er beschuldigte sie, ihre Arbeit zu langsam zu erledigen! Das war doch die Höhe!
Er fuhr ungerührt fort: „Die eigentliche Frage lautet aber, ob es nötig ist, dass Sie bis achtzehn Uhr hierbleiben. Bleibt Herr Hartmann auch so lange?“
„Herr Weber, und ich kann doch das Büro nicht verlassen, solange Herr Hartmann noch anwesend ist!“ Sie hoffte, genug Empörung in den Ton gelegt zu haben. Was immer er von ihr dachte, sie würde nicht zulassen, dass er darüber hinaus ihren Chef des Nichtstuns bezichtigte. Er arbeitete hart, und die Zeit für das Morgenritual bildete die einzige Auszeit, die er sich erlaubte. Wobei es zumindest so aussah, als arbeite er dabei auch noch. Nun ja, nicht gegen Ende, aber am Anfang, ehe sie unter den Schreibtisch kroch.
„Frau Kramer, sind Sie denn zufrieden mit den Arbeitsbedingungen in unserer Firma? Sie arbeiten bereits zwei Jahre hier, davon neun Monate für Herrn Hartmann. Man hat Sie mir als äußerst tüchtig beschrieben.“ Wieder wanderte sein Blick über die leere Platte und sie glaubte, einen leisen Zweifel zu erkennen. „Vielleicht wünschen Sie ja eine Änderung? Ich bin sicher, wir finden eine andere Stelle, an der Sie nicht gezwungen werden, Überstunden zu machen. Ich könnte in meinem Vorzimmer jemanden gebrauchen, da Frau Hanse auf halbtags umstellen möchte. Sie blieben dann auch nicht den ganzen Tag alleine.“
Wollte er sie überwachen? Er schien wirklich zu glauben, dass sie nichts zu tun hatte!
„Als Alternative könnte ich Ihnen eine Hilfe zur Seite stellen, zum Beispiel für ein paar Stunden am Morgen. Eine Aushilfskraft oder eine Sekretärin, die weniger ausgelastet ist als Sie.“
Oh Gott, nein! Dann müsste ihr Chef auf sein Morgenritual verzichten! Und sie auch! Oh, was tun? „Herr Weber, ich bin durchaus in der Lage, alles Anfallende zu erledigen. Und Herr Hartmann war noch nie unzufrieden mit meiner Arbeit.“ Hoffentlich hatte ihr Chef das nicht gehört, sonst würde sie für diese Lüge büßen. Es war Teil ihrer Beziehung, dass er sie für alle Fehler bestrafte, egal ob sie im Rahmen der Bürotätigkeit auftraten oder während der privaten Interaktionen.
Leah nahm ihren Mut zusammen, richtete sich auf und schaute ihm gerade in die Augen. „Ich halte es für angebracht, dass Sie direkt mit Herrn Hartmann sprechen. Sobald er Zeit findet, wird er sich mit Ihnen in Verbindung setzen.“ Der übliche Sermon klang nach dem, was er war: leere Worthülsen. Aber ihr fiel beim besten Willen nichts Besseres ein. Wenn dieser Mensch nur endlich gehen würde! Er sollte sie in Frieden lassen, und Herrn Hartmann sowieso. Niemand durfte in ihre heile Welt einbrechen, das musste sie um jeden Preis verhindern. „Ich werde mit Herrn Hartmann sprechen und ihn auf das Problem aufmerksam machen. Ich bin sicher, wir finden eine Lösung.“ So langsam hörte sie sich wieder wie die tüchtige Sekretärin an, die sie darstellen wollte.
Herr Weber stand auf, blieb aber dicht vor dem Schreibtisch stehen. Er war größer als sie und selbst größer als der Chef. So, wie er über ihr lauerte, beherrschte er den Raum und sie. Von ihrer sitzenden Position war sie gezwungen, zu ihm aufzuschauen und kam sich sehr klein vor.
Sein Blick saugte sich in ihrem Schoß fest. Sie musste einfach an sich heruntersehen. Hatte sie Flecken auf dem Rock? Gab es Spuren dessen, was sie eben getan hatte? Oh, nein, ihre Hände verrieten sie, rieben aneinander und die Finger krallten sich immer wieder zusammen. Sie schaute hoch und es schien ihr, als sei er noch näher gerückt und bedrängte sie, obwohl er sich keinen Millimeter bewegt hatte.
„Nun, selbstverständlich werde ich das Problem auch noch mit Herrn Hartmann persönlich besprechen. Sollte er Zeit für mich finden“; hier lag eindeutig Häme in seinem Ton, „kann er mich ja kontaktieren. Er weiß, wie er mich erreicht. Ich überlasse Sie also Ihrer Arbeit – und Ihrem Chef!“
Nachdem Weber das Büro verlassen hatte, dauerte es nur eine Minute, bis die Sprechanlage knisterte. „Frau Kramer, zu mir!“
Wie ein Wirbelwind sprang sie auf, hatte Block und Bleistift in der Hand und trat nach einem kurzen Klopfen in das Büro. Sie stellte sich an die gewohnte Stelle, kerzengerade, den Blick gesenkt, die Schreibutensilien bereit zum Aufzeichnen aller Anweisungen.
„Frau Kramer, wer war das?“
Oh, seine Stimme! Und der Tonfall! Allein sein autoritärer Tonfall machte sie feucht und ihre Nippel richteten sich auf.
„Herr Weber, unser neuer Personalchef. Er hat festgestellt, dass meine Arbeitszeit die der anderen Sekretärinnen übersteigt, und bot an, mir eine Hilfe zur Seite zu stellen. Er bittet Sie, das Problem direkt mit ihm zu lösen, sofern Sie die Zeit erübrigen können.“
Es war still im Raum. Sie hörte ihre eigenen Atemzüge, schneller als normal, aber langsam im Vergleich zu den morgendlichen Aktivitäten. Sie konnte nicht verhindern, dass ihr Herzrhythmus hochschnellte, sobald sie an ihn dachte, auch wenn er strikt verboten hatte, dass sie außerhalb des morgendlichen Rituals irgendeine Regung in seiner Anwesenheit zeigte. Sie bemühte sich um eine neutrale Miene in seiner Gegenwart, nur die Augen hatte sie devot zu Boden zu richten.
„So, so. Überstunden. Ich werde mir eine Lösung überlegen müssen. Herr Weber wird direkt von mir kontaktiert. Sie brauchen sich darum nicht weiter zu kümmern, Frau Kramer.“
Es folgten diverse Anweisungen die Schreiben betreffend, die er bereits diktiert hatte und Unterlagen, die er benötigte. „Was ist mit den Mails, Frau Kramer?“
Ihr stockte der Atem. Sie lag im Zeitplan zurück! „Herr Hartmann, es tut mir leid, ich bin noch nicht dazu gekommen, die Post durchzuschauen!“ Sie wusste, dass es keinen Sinn hatte, ihre Fehler auf andere zu schieben, auch wenn Herr Weber sie aufgehalten hatte.
„Das hat Folgen, Frau Kramer! Sie haben bis Samstag Zeit, sich zu überlegen, welche. Gehen Sie. Ich erwarte die Schreiben in einer Stunde – und zwar fehlerfrei!“
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