Was bedeutet BDSM?

Auf der Leipziger Buchmesse wurde ich mehrfach gefragt, was denn BDSM überhaupt ist.

Bei der Erklärung des Akronyms und der letzten Kombination SM kam dann oft ein erkennendes „Ah!“, weil diese Abkürzung so ziemlich jedem bekannt ist.

BDSM wird für Uneingeweihte häufig mit Schlagen oder Fesseln gleichgesetzt. Dabei ist es so viel mehr. Gerade der D/s-Aspekt, Dominanz und Submission (=Unterwerfung) ist ein sehr tiefgründiger Bestandteil jeder Beziehung und jedes Spiels. Sei es ein vielleicht nur leichtes und spielerisches Spanking oder eine Session mit Peitsche und Nadeln, letztlich liegt dem Ganzen immer dieser Aspekt zugrunde. Natürlich kann man switchen, es gibt Paare, die ständig wechseln, andere nur ab und zu.

Immer aber ergibt sich ein Machtgefälle. Einer, der stärker ist, der bestimmt, und einer, der nachgibt, sich unterwirft. Und gerade das bringt einen Kick, der sich im Kopf abspielt. Der tiefer geht als alle Schläge.

Es gibt Menschen, die überhaupt keinen Schmerz vertragen und trotzdem in einer BDSM-Beziehung leben. Es gibt Menschen, die niemals gefesselt werden wollen und trotzdem BDSM leben.

Gerade ein Spiel, das ganz ohne Hilfsmittel oder Schläge auskommt, hat seinen besonderen Reiz. Wie immer werde ich es anhand meiner gewohnten und gelebten Perspektive erklären: männlicher Dom und weibliche Sub.

Er braucht nicht einmal im Raum zu sein, sein Befehl „Zieh dich aus!“ kann von überall her kommen, auch per Telefon, Mail oder Whattsapp. Schon klickt es in meinem Kopf. Seltsamerweise kommt das Klicken genauso bei der Anweisung „Zeig mir deine Brüste!“ oder „Zieh die Hose runter!“ Gerade weil ich ansonsten bekleidet bin, womöglich aus einer alltäglichen Arbeit gerissen werde, vielleicht nur ein kleines Zeitfenster bleibt oder die Stimmen der Nachbarn durch ein geöffnetes Fenster dringen, läuft mir dabei schon ein Schauder über den Rücken.

Mehr braucht es nicht, um eine Szene zu beginnen.

Das glaubt ihr nicht? Stellt es euch vor. Schließt die Augen und seid bei mir, neben mir, in mir.

Ich stehe im Bad, am Waschbecken vor dem Spiegel. Noch ein wenig Mascara, dann bin ich fertig. Ein letzter prüfender Blick auf die Frisur, alles bestens.

Die Tür schwingt auf. Da stehst du, lässig die Hände in den Hosentaschen, und schaust mich von oben bis unten an. Mein Lächeln, das wie immer bei deinem Anblick auf meinen Lippen liegt, versiegt, weil ich deinen Blick sehe. Noch ehe du den Mund öffnest, fängt mein Herz an zu rasen.

„Fertig?“

Wie kann ich den Unterton beschreiben, der in diesem einen Wort liegt? Ein wenig Vorfreude vielleicht, aber auch ein Hauch Sarkasmus. Du weißt genau, dass ich mich fertig gemacht habe, wie ich es immer um diese Zeit tue. Mir bleibt noch eine halbe Stunde, ehe ich weg muss, gerade genug Zeit für eine Tasse Kaffee, die Zeitung, etwas Obst oder ein Brötchen.

Schon nach diesem einen Wort weiß ich, dass es heute kein Frühstück geben wird, zumindest nicht diese Art. Möglicherweise werde ich etwas schlucken dürfen, vielleicht auch nicht. Du entscheidest das.

„Stell dich an die Wand, Rücken zu mir.“

Du brauchst es nicht einmal zu befehlen. Ich bin jetzt ganz im Gehorsams-Modus. Natürlich auch, weil ich ahne, was passieren wird. Weil ich weiß, dass ich zu deiner Lust beitragen werde, mit etwas Glück auch zu meiner.

Es gibt nur eine Stelle, an der ich mich anlehnen kann, zwischen Waschbecken und Fenster. Eines dieser vermeintlich undurchsichtigen Fenster. Ein Trugschluss, der denen drinnen vorgaukelt, sie könnten von draußen nicht gesehen werden. Ich weiß um diesen Irrtum, ich weiß, dass man gesehen wird, wenn das Licht im Raum brennt und es draußen dunkel ist. Ich werde also daran denken müssen, in dem Bereich neben dem Fenster zu bleiben.

„Öffne deine Hose.“

Meine Finger sind ungeschickt, der Knopf verhakt sich, der Reißverschluss klemmt. Ich trage eine weite, lockere Hose, die sofort nach unten rutscht, sobald ich sie loslasse. Da stehe ich nun, mit einer Bluse, die kaum meinen Hintern bedeckt, einem Spitzenstring, dessen Band zwischen den Backen nicht zu sehen ist und meiner Hose um die Füße.

Was siehst du?

Depositphotos_19413741_original_ForewerEine Frau, die tut, was du sagst. Eine Frau, die alles mit sich machen lässt. Die bereit ist, deinen Schwanz in sich aufzunehmen, schon feucht vom ersten Wort an. Die auf deine Anweisung ihren Arsch rausstrecken wird, damit du ihn benutzen kannst. Die sich vor dir auf die Knie werfen wird, sobald du es befiehlst.

Ich weiß, was du siehst.

Dieses Wissen verstärkt meine Erregung, macht mich noch nasser, heizt mir ein, bis ich glühe, mich verzehre, mich danach sehne, dir dienen zu dürfen, dir Lust bereiten zu dürfen, meine Lust aus deiner zu schöpfen, meine Befriedigung aus deiner.

Seht ihr: ohne Fesseln. Ohne Schläge.

Und jetzt du.

8 Gedanken zu “Was bedeutet BDSM?

  1. Ich habe jetzt so viele Bücher, Fachbücher und Comics zu diesem Thema gelesen. Schläge und Fesseln ist EIN Aspekt, doch im Grunde handelt es, plump gesagt, um Kontrolle und Vertrauen.

  2. Sehr schön beschrieben! Ich persönlich mag es sehr, wenn mein Gespiele meine Gedanken durch meine Gesten und Blicke „lesen“ kann und danach handelt 🙂

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