Wandern und BDSM hat wenig miteinander zu tun? Nun ja, nach meiner Erfahrung auf der letzten Reise schon.
Voller Faszination ist mir bei unseren Wanderungen durch das Death Valley, die Red Rocks bei Sedona oder im Bryce Canyon aufgefallen, wie sehr mein Mann sich dominant verhält. Damit meine ich nicht, dass er mich ständig rumkommandiert hätte – das ist ja für mich eh nicht die Essenz von BDSM. Er hat mich gelenkt. Er hat mich gestützt, wo es nötig war, er hat mich machen lassen, wo ich mir zutraute, selbst weiterzukommen. DAS ist für mich das Verhalten eines aufmerksamen Doms.

Wie in jeder Session geht es bei BDSM nämlich um mehr als um Schlagen oder Fesseln oder Ficken. Viel mehr. Es geht um Vertrauen, um Zuneigung, um Fallenlassen-Können und doch Herr seiner Sinne bleiben. Es geht um einen sicheren Tritt, könnte man sagen. Genau wie bei einer Wanderung, die nicht auf einer ebenen, geteerten Straße stattfindet, sondern hoffentlich in freier Natur, bei der es auch mal einen Felsen zu überwinden gilt oder eine schwierige Stelle, die einen an seine Grenzen führt und (hoffentlich unbeschadet) darüber hinaus.
Über Grenzen hinausgehen …

Auch das ist so ein Punkt. Gerade das Hiken/Klettern/Kraxeln in den Red Rocks bei über 30° hat mich schon an meine Grenze gebracht. Ich bin ja keine 20 mehr … Hier hat er sich immer versichert, dass ich noch kann, dass ich weitergehen will und es auch seiner Einschätzung nach tun sollte. Ich habe letztlich selbst entschieden und es nicht darauf angelegt, dass er mich ausbremsen musste. Hätte ich abgebrochen (ob mit oder ohne Safeword), wären wir einfach wieder nach unten gegangen, ohne dass er mir einen Vorwurf daraus gemacht hätte. Genauso wenig machte er mir einen Vorwurf, wenn ich eine Pause brauchte – ich hätte auch eine Stunde da sitzen bleiben können.

Mag sein, dass das ‚normal‘ ist, dass das ‚Vanilla‘-Paare auch so machen (wobei ich da eine Menge anderer Beispiele kenne, bei denen der Mann beim ‚Wandern‘ vorneweg rast und keine Rücksicht nimmt oder die lieber gar nicht erst nicht wandern gehen, weil das sonst im Streit endet). Und doch hat es eben Parallelen zu einer BDSM-Session.

Ein Dom sollte etwas von der Sub fordern, ganz klar, er soll nicht jede Minute und jeden Handgriff nachfragen, ob es so recht ist, das wäre kein sehr dominantes Verhalten. Aber er darf nachfragen, sollte es auch tun. Immer dann, wenn ihm etwas ‚komisch‘ vorkommt. Wenn die Hände eisig sind, wenn das Stöhnen sich verändert, wenn Sub sich hängenlässt – nur als Beispiel.
Aber er darf nachfragen, sollte es auch tun.
Dom darf fordern, aber er darf auch ermuntern. Ein ins Ohr geflüstertes „Ich bin sicher, du schaffst noch fünf Schläge!“ wird Sub auf jeden Fall den Willen geben, durchzuhalten.
Fordern und bremsen

Er darf aber auch mal stützen, halten, abwarten, Pausen einlegen, ehe es zu einer Überforderung kommt.
Wenn du als Dom jetzt fragst: „Verdammt, wie soll ich das alles hinbekommen?“, dann halte dir doch das Beispiel Wandern vor Augen. Soll es eine gemeinsame Wanderung (BDSM-Session) sein? Dann bleib bei deiner Sub. Renne nicht voraus oder hänge hinterher. Stütze sie, wenn sie es nötig hat, ermuntere sie, noch diesen einen Schritt weiterzugehen. Bremse sie, wenn sie so viel mehr will, als ihr (deiner Meinung nach) guttut.
Klar, hinterher erst wirst du merken, ob du hättest noch ein Stück weiterklettern können oder doch besser schon vorher den Heimweg angetreten hättest. Weißt du was? Das ist beim Wandern so und bei einer Session auch. Dafür ist die Nachsorge da. Das Darüber-Reden. Echtes Reden, echtes Zuhören. Sagt sie wirklich, was sie will, oder hörst du aus ihrem Tonfall, dass sie dich nur beschwichtigen will, dir ein gutes Gefühl geben will? Ja, kann vorkommen, mache ich auch manchmal. Es liegt an dir, richtig hinzuhören und nachzuhaken. Wäre sie lieber weitergegangen? Oder war es eigentlich schon zu viel? Lag es an ihrer Tageskondition oder den Äußerlichkeiten (zu viel los im Job, Ärger mit der Familie, oder tatsächlich die Temperatur)? Musst du das beim nächsten Mal berücksichtigen oder nicht?
BDSM ist wie wandern.
BDSM ist auch mal ein Grat, den man mit zu rutschigen Schuhen angegangen ist und von dem man gerettet werden muss. Es kann auch mal zum Absturz kommen. Aber es macht – wie Wandern – so viel Spaß! Und eines kann ich dir garantieren: Wenn du oben ankommst und danach sicher wieder nach Hause gelangst, wenn die Session gut gelaufen ist, dann fühlst du dich tatsächlich wie ein Bergsteiger, der einen Gipfel erklommen hat.
Das gilt übrigens für beide: Dom und Sub. Das Hochgefühl sollte idealerweise bei beiden auftreten, bei Sub dafür, dass sie das alles ertragen hat, bei Dom dafür, dass er es geschafft hat, sie wie ein guter Bergführer auf diesen Gipfel zu bringen und wieder hinunter.
Ich wünsche dir …

viele schöne Wanderungen oder BDSM-Sessions, je nachdem, was dir mehr liegt! Die Bilder stammen alle von unserer Reise, und zwar genau von den Wanderungen, die ich oben genannt habe. Im Death Valley kann man einige machen, wobei es ratsam ist, sie nicht unbedingt Ende Mai anzutreten. Die Red Rocks sind ebenfalls in einer sehr warmen Gegend, nur der Bryce Canyon liegt weiter im Norden und höher, deshalb sind dort die Temperaturen viel angenehmer. Ich liebe es jedenfalls, ungeteerte Wege zu gehen, auch mal von ihnen abzuweichen, an meine Grenzen zu kommen. Es macht mich stolz, wenn ich es doch geschafft habe!

Na, was meinst du? Wie möchtest du wandern? Mit einem passenden Partner oder lieber alleine? Im heimischen Wald auf einem geteerten Weg oder lieber über Felsen klettern wie ich? Mit einem Dom an deiner Seite oder auch mal hinter dir, der dich antreibt oder bremst?
Übrigens ist Secret Wishes – Step Three online – schon gelesen? Es hat inzwischen eine Bewertung von 4,5 – vielleicht überzeugt dich das? Das Taschenbuch als Sammelband kommt auch, ich weiß nur noch nicht, wann.
Klasse Beitrag!
Dominates Verhalten im BDSM anschaulich am partnerschaftlichen Wandern erläutert.
Wie sagst du so richtig:
DOMINANZ IST mehr als schlagen, fesseln und ficken.
Danke, Master Gunter!
Vielleicht könnte man auch sagen – Der Weg ist das Ziel – jemanden folgen können, dem man vertraut.
Mal hinter Dir, mal vor Dir, zu wissen er lenkt deine Schritte. Sich mal treiben lassen auf dem gemeinsamen Weg, jeder für sich, und dann wieder diese atemberaubenden Ausblicke.
Du, Ihr, hattet bestimmt eine sehr schöne Tour, in the USA!
Lieben Gruß
Martin