Lust-Tier

Delia verdreht sich vor dem Spiegel in dem Versuch, ihren Hintern zu betrachten.

„Es sind keine Spuren zurückgeblieben.“ Louis legt die Uhr um sein Handgelenk.

Für einen Moment lässt Delia sich von dem Anblick der Finger ablenken, die den Dorn in die Öse einfädeln. Er hat große Hände, dicke Finger, die unerwartet geschickt agieren.

Noch einmal schaut sie über die Schulter und wünscht sich ein Spiegelkabinett, in dem sie sich rundum betrachten kann. Nein, keinerlei Spur zu sehen. „Schade!“ Inbrünstig. Von Herzen kommt das Wort, ganz tief aus ihrem Innern.

Er gluckst leise. „Willst du dich beschweren, kleiner Fuchs?“

Sie strahlt ihn an. Hätte irgend jemand anderes sie klein genannt,wäre sie demjenigen an die Gurgel gesprungen. Louis ist nur wenige Zentimeter größer als sie, dennoch lässt sie es sich von ihm gefallen. Eine Liebkosung, ähnlich der besonderen Liebeserklärung, die seine Hände ihr gestern gemacht hatten. „Nun ja. Ich hätte nichts gegen einen oder zwei Striemen, die mich an diese Nacht erinnern.“

Wie der Blitz steht er vor ihr, seine Pranken landen auf ihrem Hintern und quetschen das Fleisch schmerzhaft. Dass er sie dabei an sich drückt, ihre Brüste an seinen Oberkörper gepresst werden, ihre Arme gefangen unter seinen, ihr Schambein an seinen Hüftknochen, stört sie nicht im Geringsten. Im Gegenteil. Sie liebt es. So spürt sie ihn überall, hat seinen Geruch in der Nase, fühlt sich selbst und dazu ihre Verbindung.

„Dann muss ich wohl zu Hilfsmitteln greifen, die Spuren hinterlassen. Wie wäre es mit einem Paddel?“

Delia versucht, sich den Schmerz vorzustellen. Wird es sich so anders anfühlen als seine Hand, die so groß wie eine Untertasse ist? Seine Handfläche ist hart, gestählt von der körperlichen Arbeit als Gärtner, von Hornhaut überzogen. „Hm …“

„Ich habe verstanden.“ Louis grinst wieder, aber es wirkt nicht mehr lustig, sondern sadistisch. „Da muss was Härteres her.“

Was das wohl sein wird? Sein Gürtel? Die Rückseite der Haarbürste? Delia lässt sich einiges durch den Kopf gehen, was sie gelesen oder gesehen hat. Soll sie ihm etwas vorschlagen?

„Dort wo ich heute arbeite, steht ein Haselstrauch.“

Sie ist verwirrt. Wieso erzählt er ihr jetzt von seiner Arbeit? Ihr Blick fällt auf die Uhr am Bett. Oh, er muss gehen!

Statt sie loszulassen, presst er sie härter an sich und presst die Finger noch fester in ihr Fleisch. „Der hat schöne, gerade Äste.“

Wer hat Äste? Wovon spricht er? „Louis?“ Bei seinem freudigen Blick fällt endlich der Groschen. „Oh!“

Jetzt lacht er. „Das war noch nicht überzeugend. Heute nacht kannst du „Oh“ sagen und „Ah“ und „Hör auf!“. Ich werde nicht aufhören. Ich werde weiter zuschlagen. So lange, bis du ein Muster auf deinem Arsch hast. Vielleicht Karos? Oder Streifen? In regelmäßigen Abständen von hier“ – sein Daumen drückt sich in die obere Rundung – „bis hier.“ Die Fingerspitzen wandern noch ein Stück nach unten, bis auf den Oberschenkel. „Dunkle, tiefrote Streifen. Gerade so tief, dass sie noch nicht anfangen zu bluten.“

Zum Glück hält er sie, sonst hätte der Schauder sie von den Füßen gerissen. Ihre Knie fühlen sich gummiartig an, Arme und Beine haben sich in Tentakel verwandelt, die ihm beinahe aus den Fingern schlüpfen.

Tree Branches (Brushwood) Macro Background

„Streifen, die so schnell nicht verblassen.“ Die Finger malen Striche auf ihren Hintern, einen unter den anderen.

Sie fühlt schon den Schmerz. Er wird unerträglich sein. Und doch tragbar. Aushaltbar. Er wird sie in diese Sphäre katapultieren und bei jedem Schlag wieder herausreißen, bis sie nicht mehr zwischen Träumen und Schmerzen und Lust unterscheiden kann. Angst und Vorfreude vereinen sich zu einem Knoten im Magen und Unterleib, ein wildes Tier, das da in ihr schlummert und langsam erwacht und sich streckt, seine Glieder in Richtung Herz und Klit schickt und Stromstöße direkt ins Hirn.

Louis legt seinen Mund an ihr Ohr. Delia konzentriert sich ganz auf ihn. Sein Worte haben das Tier geweckt. Wird er es zum Schlafen schicken? Nein. Sein Flüstern ist so leise, dass sie den Atem anhalten muss, um ihn zu hören. Das Tier in ihr hält ebenfalls den Atem an und verharrt stocksteif.

„Und wenn doch, werde ich sie einfach nachzeichnen.“

Sie spürt, wie es den Kopf hebt, die Ohren gespitzt, die Schnauze leicht geöffnet, die Augen groß und wachsam. Oder ist sie es, die so reagiert? Ist sie das Tier? Ist es ihre Lust, ist es ihr Sein, das sich nach diesem Schmerz sehnt? Aus einem Impuls heraus beißt sie in die Schulter vor ihr, gerade so tief, dass er ihre Zähne spürt.

Er lacht. Wie er immer lacht, wenn er das Tier in ihr geweckt hat. „Ich wünsche dir einen schönen Tag, kleiner Fuchs. Ich werde dich heute Nacht zähmen. Mit einer Haselrute.“ Beißt ihr zärtlich in diese Stelle am Ansatz des Nackens, bis sie zusammenzuckt und sich unter ihm windet, dann lässt er sie alleine.

Das Tier grollt ein wenig, weil es warten muss. „Nur bis heute abend“, flüstert Delia. Dann bekommt sie, was sie sich ersehnt. Bis dahin wird diese Mischung aus Vorfreude und Panik sie begleiten, wird ihre Erregung simmern und ihre Angst immer größer. Wie das Tier in ihr wächst, bis es sie ausfüllt, sie ganz übernommen hat.

Bis sie Tier ist. Schmerz-Lust-Tier. Tierischer Lust-Schmerz. Schmerzerfülltes Lust-Tier.

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